SOEP Studie

Das Ruhrgebiet gibt es gar nicht: Menschen erzählen die Geschichte des Wandels zwischen Ruhr und Emscher

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Foto: Frank Vinken | dwb

Der Projektteil, der die Einschätzung der Menschen selbst, die im Ruhrgebiet leben, in den Mittelpunkt stellt, zeichnet sich dadurch aus, dass der methodische Ansatz die Vorzüge einer repräsentativen Stichprobe mit denen persönlicher Gespräche (qualitative Interviews) verbindet. Diese Verbindung wird weltweit selten praktiziert.

Ausgangspunkt dieses Projektteils ist die seit 1984 laufende Längsschnittstudie SOEP, für die Menschen in Deutschland (seit 1990 auch Ostdeutschland) einmal jährlich befragt werden. Und zwar so lange dieselben Personen bereit sind mitzumachen. Begonnen wurde mit etwa 12.000 Erwachsenen, von denen sich noch etwa 1.000 nach über 30 Jahren immer noch befragen lassen. Zwischenzeitlich wird die Stichprobe immer wieder mit neuen Personen »aufgefrischt«. Dabei wurde auch die Stichprobengröße auf aktuell etwa 30.000 Erwachsene aufgestockt. Aus diesem Pool von für die Bundesrepublik Deutschland repräsentativen Menschen wurden diejenigen ausgesucht, die 2015 im Ruhrgebiet in der Nähe der Standorte wohnten, die 1972 in einer fotografischen Studie ausgewählt wurden. Die Nähe war wichtig, damit in den Gesprächen, die über die laufende SOEP-Fragebogenerhebung hinaus geführt wurden, über die Veränderungen an diesen Foto-Standorten geredet werden konnte. So wurden mit 41 SOEP-Befragten Gespräche geführt.

Gesprächspartner war Gert G. Wagner, der langjährige Leiter des SOEP und jetziges Vorstandsmitglied des DIW Berlin. Er berichtet darüber im Abschlussband des von der Mercator-Stiftung finanzierten Teilprojektes.

Er fasst seine ersten Ergebnisse so zusammen: Kein einziger Gesprächspartner hat verklärt von der guten alten Zeit gesprochen hat. Am ehesten noch »Gastarbeiter« der ersten Generation und deren Kinder, die in intakten Werkssiedlungen gut aufgenommen wurden. Aber auch sie berichten von harten Arbeitsbedingungen.

Die Menschen, die vor der Zeit des ganz großen Umbruchs im Ruhrgebiet geboren sind (vor 1976) und im Ruhrgebiet geblieben sind (oder zurückkamen oder dorthin gezogen sind), haben sich mit dem Wandel nicht nur arrangiert, sondern sie nutzen die Chancen, die die Region bietet. Von der Naherholung bis zur äußerst vielfältigen Kultur. Beide Bereiche sind expandiert, weil es schlicht mehr Platz gibt, weniger Dreck sowie kleine und große Subventionen.

Für die Menschen ist das Ruhrgebiet Heimat geblieben bzw. geworden – nicht zuletzt, weil sie sich nicht als Einwohner der Metropole Ruhr fühlen, sondern als Bürgerinnen und Bürger ihrer Stadt oder – sehr oft – ihres vertrauten Stadtteils.

Eine Buchpublikation bereitet Gert Wagner vor.